Aus dem Landtag: Flächendeckende Geburtshilfe sicherstellen! Forderung der AfD-Brandenburg!

Volker Nothing, migrationspolitischer Sprecher und Arbeitskreisleiter
Birgit Bessin, sozialpolitische Sprecherin und stellv. Fraktionsvorsitzende
Kathleen Muxel, verbraucherschutzpolitische Sprecherin
Sabine Barthel, gesundheitspolitische Sprecherin

Antrag
der AfD-Fraktion

Flächendeckende Geburtshilfe sicherstellen – durch Entlastung (freiberuflicher) Hebammen Jobattraktivität erhöhen und Zukunft des Berufsstands sichern

Der Landtag stellt fest:

• Der Deutsche Hebammenverband kritisierte, Frauen und Neugeborene seien im Kreissaal immer öfter unzureichend versorgt. In Deutschland versorgten Hebammen in den Kliniken dauerhaft mehr als doppelt so viele Gebärende wie in anderen europäischen Ländern. Die Schließung von immer mehr Kreißsälen deutschlandweit führt im Zusammenhang mit Personalnot dazu, dass Frauen sehr weite Wege hin zu großen Spezialabteilungen zurücklegen müssen, wo über das Fallpauschalen-System (DRG) der Fehlanreiz unnötiger Interventionen und Pathologisierungen aus ökonomischen Gründen besteht. Ambulante Versorgungslücken führen dazu, dass ambulante Leistungen, auch vor- und nachgeburtlich, unnötig in stationären Einrichtungen durchgeführt werden müssen und dort die ohnehin zu knappen Ressourcen binden. Gemäß dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gilt die flächendeckende Versorgung mit Geburtshilfe als gefährdet, wenn die Pkw-Fahrzeiten zur Klinik länger als 40 Minuten dauern.

• Die extrem teuren Haftpflichtversicherungsprämien für freiberufliche Hebammen in Deutschland, mit Prämien von 9.098 € jährlich, sind viel zu hoch. Hier muss eine finanzielle Entlastung zur Steigerung der Attraktivität des Berufsbildes und damit dem Erhalt des Berufsstandes erfolgen.

Der Landtag möge beschließen:

Die Landesregierung wird dazu aufgefordert…

• … durch den Aufbau neuer Krankenhausabteilungen und Geburtshäuser für jede Schwangere die Erreichbarkeit einer geburtshilflichen Abteilung innerhalb von 40 Minuten sicherzustellen.

• … die legislativen und exekutiven Grundlagen für die Gewährleistung von Eins-zu-Eins-Betreuungen von Gebärenden durch Hebammen zu schaffen, d.h. sicherzustellen, dass jede Gebärende durch eine Hebamme betreut werden kann.

• … sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass beim Einsatz freiberuflich tätiger Hebammen in geburtshilflichen Abteilungen eine Haftpflichtversicherung durch den Auftraggeber besteht.

• … sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass bei der Arbeit freiberuflich tätiger Hebammen außerhalb geburtshilflicher Abteilungen eine staatliche Quersubventionierung der Haftpflichtversicherungskosten mindestens in der Höhe von 1.500 € besteht.

• … dem Landtag bis zum Ende des ersten Quartals des Jahres 2021 einen Maßnahmenkatalog zur finanziellen Entlastung nicht nur der freiberuflichen, sondern auch der festangestellten Hebammen vorzulegen. Hierin sollen insbesondere auch Möglichkeiten zur Erhöhung der Leistungsentgelte enthalten sein.

Begründung:

Paare, die sich für Kinder entscheiden, haben Anspruch auf die bestmögliche Unterstützung von Anfang an. Wir brauchen eine Willkommenskultur für Neu- und Ungeborene in Deutschland und Brandenburg, wenn die Aufrechterhaltung der Rentensysteme und eine bessere Integration von Zuwanderern gelingen soll. Davon kann bisher keine Rede sein. So bedingt zum Beispiel die gleichzeitige Betreuung mehrerer Gebärender durch eine Hebamme und die damit verbundene Überlastung, in Deutschland häufig unnötige Interventionen und eine hohe Kaiserschnittrate. Allein schon das ist nicht hinnehmbar. Eine ausreichende Anzahl von Hebammen in der Geburtshilfe ist dringend erforderlich; das Ziel ist eine Eins-zu-Eins-Betreuung während der Geburt. Die Verbesserung der Situation darf nicht an der Finanzierung scheitern.

Die stark steigenden Haftpflichtversicherungsprämien für Hebammen drängen diese aus ihrer Tätigkeit, statt – wie es wünschenswert wäre – Hebammen dazu zu motivieren, ihren Beruf auszuüben. Viele Hebammen geben die Geburtshilfe auf und wenden sich stattdessen ausschließlich der Schwangerschaftsbetreuung und der

Nachsorge zu. Dem muss entgegengewirkt werden. Laut der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken (Drucksache 18/11951) betrug die Steigerungsrate der Haftpflichtversicherungsprämien seit dem Jahr 2007 für freiberufliche Hebammen 331%. Diesen Berechnungen lagen allerding die zum Zeitpunkt der Kleinen Anfrage aktuellsten Vergleichsdaten aus dem Jahre 2016 zugrunde, als die Prämie noch bei 6.843 € lag. Seit dem 01.07.2020 liegt die Prämie nach verschiedenen Quellen allerdings sogar bei 9.098 €. Dies entspricht einer Steigerungsrate von 33% gegenüber dem Jahr 2016 – also in nur vier Jahren – und einer Steigerungsrate von 473% gegenüber dem Jahr 2017. Normalerweise soll der vor wenigen Jahren eingeführte Sicherstellungszuschlag diese Lasten für die Hebammen ausgleichen bzw. abfedern. Aus der Kleinen Anfrage der Linken geht jedoch auch hervor, dass dieses Ziel weit verfehlt wird: Im Jahr 2016 betrugen die Auszahlungen hier nur durchschnittlich 54,5% der Höhe der Haftpflichtprämie, also knapp über die Hälfte, was angesichts der enormen absoluten Höhe der Prämien ein deutlich zu geringer Wert ist. Unter dem Strich werden selbst bei nachgewiesenen geburtshilflichen Leistungen zumeist 2.000 bis 3.000 € nicht vom Sicherstellungszuschlag abgedeckt. Derartig hohe und nicht optionale Versicherungskosten sind insbesondere für einen sowieso nicht hochbezahlten Berufsstand vollkommen inakzeptabel. Bei Geburtsvorgängen können natürlicherweise immer Komplikationen auftreten. Dies ist als ein gesamtgesellschaftliches Risiko anzusehen und ist daher nicht fast ausschließlich von der Berufsgruppe zu tragen, die sich auf dem Feld der Geburtshilfe engagiert. Eine staatliche Quersubventionierung von mindestens 1.500 € erscheint hier angemessen, um die Versicherungskosten für diesen Berufsstand auf ein erträgliches Maß zu senken und die Attraktivität des Berufs so zu erhöhen.

Freiberufliche Hebammen, die als Beleghebammen in der Geburtshilfeabteilung einer Klinik regelmäßig tätig sind, sollten für ihre Tätigkeit durch den Auftraggeber versichert sein, um sie finanziell zu entlasten. Dadurch kann erreicht werden, dass freiberuflich tätige Hebammen, die die Geburtshilfe aufgegeben haben, zumindest in einer Klinik wieder geburtshilflich tätig werden wollen. Außerdem sollte zur effektiven finanziellen Entlastung eine staatliche Quersubventionierung für Haftpflichtversicherungsprämien für Arbeiten außerhalb von Geburtskliniken bestehen.

Da der Berufsstand der Hebammen ein wichtiger Teil der für die Zukunft unserer Gesellschaft unabdingbaren Willkommenskultur für Kinder ist, dürfen jedoch auch die festangestellten Hebammen nicht außen vor gelassen werden. Die angestrebten Verbesserungen bei der Haftpflichtversicherung dürfen, zur Gewährleistung einer angemessenen geburtshilfetechnischen Versorgung der Bevölkerung, sowieso nur ein Bestandteil von vielen sein. Eine Aufforderung an die Landesregierung zur Ausarbeitung eines umfassenden Maßnahmenkatalogs auf diesem Politikfeld erscheint hierfür zweckmäßig. Der Zeitraum bis zum Ende des ersten Quartals des Jahres 2021 ist hierfür der Landesregierung zumutbar.

Dr. Hans-Christoph Berndt
für die AfD-Fraktion